Das Experiment - Kleines Bewerbungsbrevier für unzufriedene Arbeitnehmer (Teil 2)
appatoon, Samstag, 27. Mai 2006, 19:00
Prolog (Wie alles begann)
Teil 1 (Von streichzarten Träumen und handfesten Postulaten)

Herr A. wurde zwangsweise zu einer Messe in bajuwarisches Gebiet für eine Woche delegiert, die ihn zeitlich in seinen Vorbereitungen für das Experiment weit zurückwarf. Der am Messestand seiner Firma vorbeiwabbernde Besucherstrom wollte nicht abreißen. Haupsächlich lag das an den vagabundierenden Schulklassen, die ihre Suche nach kostenlosen Werbeartikeln im Laufe des Tages perfektioniert hatten und jeden Messestand in Heuschreckenmanier zurückließen.

Die Nachricht von der Entlassung seiner beiden Lieblingskolleginnen erreichte Herrn A. per SMS, als er sich gerade schützend vor die begehrten roten und grünen Werbe-Flummis mit Logoaufdruck stellte, um sie vor gierigen Händen zu verteidigen. Durch den im Sparabo erstandenen "Kuh-lingelton" der eingehenden SMS gewann er kurzfristig gute zwei Meter zu den Angreifen, erschrak aber auch so sehr, daß er die Schale mit den Flummis umwarf, die daraufhin auf- und abhüpfend den kompletten Messestand in eine Teletubbielandschaft verwandelten. Aus den Augenwinkeln bemerkte Herr A. die durchdringenden Blicke seines Chefs, der sein Gespräch mit einem wichtigen Geschäftspartner dadurch zu retten versuchte, indem er das Malheur als 17 Uhr Messestand-Live-Act verargumentierte.
...
Erfolgreich umschiffte Herr A. durch Ausreden die obligatorische allabendliche Standparty, bei denen üblicherweise nur noch dehydrierte Häppchen und schal schmeckender Sekt angeboten wurden. Im Hotelzimmer angekommen lockerte er die Krawatte, ging zur Minibar, stärkte sich mit einem Glas Milch und schwor sich, seinen Plan nach diesem Tag der Niederlage noch intensiver voranzutreiben, vorerst die Finger von Flummis zu lassen und seinen Klingelton als Zeichen des Protests beizubehalten.

[Gewidmet dem kuhratorium]