Untermieter
appatoon, Samstag, 15. Juli 2006, 11:25
Als Herr A. nach einigen Tagen Abwesenheit wieder nach Hause kam, fand er seinen Balkon von ungeheuren Ungeziefern total verwandelt vor. Schon Tage vorher war ihm bei seinem nächtlichen Abkühlvorgang die Aktivität der Bienen nicht entgangen. Waren es anfänglich nur einige Späher, so schien die Horde schlagartig während Herrn A.'s Abwesenheit eingefallen zu sein und ohne Rücksprache ein saisonales Wohnrecht in seinem Rolladenkasten (Südseite) einzufordern. Bei Herrn A. regte sich auf dem Balkon sitzend mehr und mehr Widerstand, als die Eindringlinge Besitzansprüche an sein Abendessen geltend und ihm auch den letzten Tropfen des Rotweins streitig machen wollten. Ein erster Versuch mit Zeitungspapier zum Verstopfen der Rolladenkasten endete kläglich. Innerhalb eines Tages zeigten die Bienen ungeahnte Talente in der Herstellung von Konfetti. Eine Ähnlichkeit von Teilen des Balkons mit Bildern von der Steuben-Parade drängten sich ihm förmlich auf und verstärkten das Gefühl der Niederlage. Als überzeugter Anhänger der Idee der friedlichen Koexistenz dachte er auch nur einen Moment lang an den Einsatz der chemischen Keule, verwarf diese Idee aber bei dem Gedanken an seinen leckeren Akazienhonig aus der Provence. Die bei längst vergangenen Studi-Partys spaßeshalber schon erfolgreich angewendete Methode zum Verstummen unkontrolliert grölender Gäste mit Hilfe von Klebeband brachte schließlich den erhofften Erfolg. Noch Tage nach der Operation "Untermieter" hatte Herr A. allerdings noch das Gefühl beobachtet zu werden und verschob den Genuß von Honig daher auf unbestimmte Zeit.