Am Anfang war der Traum
appatoon, Freitag, 26. Mai 2006, 01:05
Vor vielen Jahren hatte ich das große Glück, den roten Kontinent kennenzulernen. So hatte ich auch mehr zufällig als gewollt Kontakt mit Aborigines, wobei ich auch das ein oder andere Gespräch führen konnte. Wir konnten uns einigermaßen verständigen, aber "verstanden" hatte ich rein gar nichts. Bewußt wurde mir das natürlich erst viel viel später in den eigenen vier Wänden. Irgendwie waren diese Begegnungen in meiner Erinnerung mit Traurigkeit und Melancholie behaftet und so wollte ich ein wenig mehr über diese Menschen erfahren, die bis in das letzte Jahrhundert hinein keine Schrift kannten und auch nicht benötigten - ihre Geschichten von Generation zu Generation einfach weitererzählten.

Das Buch mit dem Titel "Am Anfang war der Traum" von Robert Lawlor gehört für mich daher zu den faszinierendsten Beschreibungen der Aborigines. An dieser Stelle möchte ich keine Zusammenfassung abliefern, es aber doch wagen, einen ganz ganz kleinen Eindruck der Vorstellungskraft und Denkweise der Aborigines an einem Beispiel aufzeigen: einem Aboriginal-Mann zeigte man die erste obere Anordnung der Zündhölzer, wobei er antwortete: "Drei Zündhölzer und zwei Zündhölzer". Beim Betrachten der unteren Anordnung durch Verschieben eines Streichholzes sagte er, daß er jetzt "zwei Dreizündhölzer, zwei Zweizündhölzer und ein Dreizündholz" sehe. Der vorhergehende Zustand wird immer mit einbezogen, losgelöst von Vorbedingungen und Wandlungsprozessen. Vergangenheit und Gegenwart, Qualität und Quantität, Sichtbar und Unsichtbar, Aufeinanderfolgendes und Gleichzeitiges existiert nur vereint. Wie faszinierend verschieden doch unser Denken ist.