Traumjob (2) - Ich melde Rauch!
appatoon, Dienstag, 1. August 2006, 19:17
Nachdem im Urlaub endlich die ersehnte Traumjob-Absage per email eintrudelte, freue ich mich jetzt bei meiner Rückkehr so richtig dolle über die zurückgesendete Bewerbungsmappe, die mich mit einem Eselohr winkend aus dem Briefkasten begrüßt. Noch sensibilisiert von weitaus angenehmeren und anregenderen Eindrücken der letzten Tage steigt mir beim Öffnen der entzauberten Wundertüte unverkennbar kalter Zigarettenrauch aus Lebenslauf und Arbeitszeugnissen (gewissermaßen als letzter Gruß) in die Nase. Unglaublich. Ist denen die Entscheidung zur Absage trotz meiner Torpedierungsversuche vor Ort so schwer gefallen? Diskussionen des Managements und stundenlanges Brüten über mein Leben im verpafften Besprechungsraum? Oder nur irrtümlich vom genervten Personalchef mit in die Kneipe entführt und zweckentfremdet als Unterlage für Aschenbecher und Bierglas? Frechheit. Na wenn die ihre Kunden genauso zerknittert und muffelnd behandeln wie meine Mappe, würde mich das nicht wundern. Ich habe jetzt gute Lust, denen eine finale Email-Retourkutsche zu schreiben. Nur ein kurzer Satz wie die Trauerrandslogans auf den Zigarettenschachteln. Im schlimmsten Fall könnte das Lesen meiner rauchfreien Email beim Empfänger jedenfalls zu Durchblutungsstörungen führen und Impotenz verursachen.
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Traumjob
appatoon, Mittwoch, 26. Juli 2006, 01:52
Die Absage der Firma XYZ erreichte mich heute per email im Urlaub in einem idyllischen fränkischen Biergarten, als ich mich gerade entschlossen hatte, meine kurze Absage an die Firma zu formulieren.
Rückblende: Vorletzte Woche Einladung zu Bewerbungsgespräch. Die WM liess keine passenderen Termin zu. 130 km Anfahrt zum Firmensitz. Über 30 Grad. Mein in die Jahre gekommener Wagen hat die gleichen Probleme wie ich. Er schwitzt und hat keine Klimaanlage. Das rote Flackern der Signallampe erlischt nur durch Aufdrehen der Heizung bei Stufe 4 und zwingt mich mit geöffnetem Fenster zu fahren. Leider kann ich dabei nicht beide Arme aus dem Fenster halten. Nebenbei verfluche ich die Krawatte, die die letzten Hemdöffnungen hermetisch verschliesst. Kleiner-Chef und Ober-Chef lassen mich nach meiner Ankunft 20 Minuten warten. Kurze Begrüßungsfloskeln. Ober-Chef beginnt einen 30 minütigen schleimigen Monolog über die Firma mit allem pi-pa-po. Kleiner-Chef meldet sich zu Wort und erklärt mir noch schleimiger, daß ein würdiger Nachfolger für seine tolle Position in der Firma gesucht wird. Ober-Chef und Kleiner-Chef diskutieren weitere 10 Minuten und sind sich plötzlich selbst nicht mehr sicher, ob das definierte Job-Profil hinsichtlich "neuer" bisher nicht erschlossener (d.h. schwer erreichbarer, sturer und altbackener) Zielgruppen und der Aufgabenverteilung so noch stimmt. Kleiner-Chef: "Zur Aufgabenverteilung würde ich sagen: 55% ABC, 25 % DEF und äh....." Großer Chef: "ABC mindestens 70% und äh..20% blabla - das sollten wir aber gerne nachher diskutieren..." Ich merke, daß ich jetzt gerne aufstehen und gehen will, befürchte aber, daß die beiden das gar nicht bemerken würden. Seltsamerweise freue ich mich auf die übliche Salve der langweiligen Standardfragen mit ebenso fragwürdigem Hintergrund. Der erneut auffflammende Exkurs zur ABC, DEF usw.- Aufgabenverteilung gibt mir allerdings den Rest. Ich will jetzt wirklich gehen. Die Frage nach einem Umzug nach Kleinprofithausen an der Reibach (abweichend vom garantierten Homeoffice) beantworte ich daher mit einem kurzen "Nein" ohne Begründung und erhöhe auch noch schnell meine Gehaltsvorstellung um 50%. Ich warte noch auf das Schlußritual der mir zugestandenen Fragen an die tolle Firma und frage den Kleinen-Chef abschließend, warum die "neuen" Zielgruppen bisher noch nicht angegangen wurden, wo die doch gar nicht so "neu" seien... "Äh...das wäre dann Ihr Aufgabengebiet", lautete seine Antwort. Nach meinem "Aha!" fällt dem Ober-Chef die abtriftende Situation auf und er bietet mir jetzt nach fast anderthalb Stunden das erste Glas Wasser an. Ich lehne ab, obwohl ich es gerne mir oder besser ihm in den Hemdkragen oder sonstwohin kippen möchte. Wir lassen unsere nassen Hände nochmal unwillig flutschen und das wars.
Rückblende: Vorletzte Woche Einladung zu Bewerbungsgespräch. Die WM liess keine passenderen Termin zu. 130 km Anfahrt zum Firmensitz. Über 30 Grad. Mein in die Jahre gekommener Wagen hat die gleichen Probleme wie ich. Er schwitzt und hat keine Klimaanlage. Das rote Flackern der Signallampe erlischt nur durch Aufdrehen der Heizung bei Stufe 4 und zwingt mich mit geöffnetem Fenster zu fahren. Leider kann ich dabei nicht beide Arme aus dem Fenster halten. Nebenbei verfluche ich die Krawatte, die die letzten Hemdöffnungen hermetisch verschliesst. Kleiner-Chef und Ober-Chef lassen mich nach meiner Ankunft 20 Minuten warten. Kurze Begrüßungsfloskeln. Ober-Chef beginnt einen 30 minütigen schleimigen Monolog über die Firma mit allem pi-pa-po. Kleiner-Chef meldet sich zu Wort und erklärt mir noch schleimiger, daß ein würdiger Nachfolger für seine tolle Position in der Firma gesucht wird. Ober-Chef und Kleiner-Chef diskutieren weitere 10 Minuten und sind sich plötzlich selbst nicht mehr sicher, ob das definierte Job-Profil hinsichtlich "neuer" bisher nicht erschlossener (d.h. schwer erreichbarer, sturer und altbackener) Zielgruppen und der Aufgabenverteilung so noch stimmt. Kleiner-Chef: "Zur Aufgabenverteilung würde ich sagen: 55% ABC, 25 % DEF und äh....." Großer Chef: "ABC mindestens 70% und äh..20% blabla - das sollten wir aber gerne nachher diskutieren..." Ich merke, daß ich jetzt gerne aufstehen und gehen will, befürchte aber, daß die beiden das gar nicht bemerken würden. Seltsamerweise freue ich mich auf die übliche Salve der langweiligen Standardfragen mit ebenso fragwürdigem Hintergrund. Der erneut auffflammende Exkurs zur ABC, DEF usw.- Aufgabenverteilung gibt mir allerdings den Rest. Ich will jetzt wirklich gehen. Die Frage nach einem Umzug nach Kleinprofithausen an der Reibach (abweichend vom garantierten Homeoffice) beantworte ich daher mit einem kurzen "Nein" ohne Begründung und erhöhe auch noch schnell meine Gehaltsvorstellung um 50%. Ich warte noch auf das Schlußritual der mir zugestandenen Fragen an die tolle Firma und frage den Kleinen-Chef abschließend, warum die "neuen" Zielgruppen bisher noch nicht angegangen wurden, wo die doch gar nicht so "neu" seien... "Äh...das wäre dann Ihr Aufgabengebiet", lautete seine Antwort. Nach meinem "Aha!" fällt dem Ober-Chef die abtriftende Situation auf und er bietet mir jetzt nach fast anderthalb Stunden das erste Glas Wasser an. Ich lehne ab, obwohl ich es gerne mir oder besser ihm in den Hemdkragen oder sonstwohin kippen möchte. Wir lassen unsere nassen Hände nochmal unwillig flutschen und das wars.
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